Dänisches Gutachten deckt systematische Fehler bei Studien zur Scheuchwirkung von Kitesurfen auf

Kitesurfen als eine wesentliche Störungsursache für Vögel herauszuheben, ist in der Mehrzahl der für dieses Gutachten herangezogenen Studien aufgrund der Ergebnisse nicht gerechtfertigt.

Quelle: KITESURFEN UND VÖGEL – EIN GUTACHTEN

Aus der COWI Studie (en/de) können wichtige Rückschlüsse auf die tatsächlichen Auswirkungen des Kitesurfens auf Vögel gezogen werden. Grundlegend wird festgestellt, dass Kitesurfen räumlich und zeitlich nur sehr begrenzt ausgeübt wird. Aufgrund der Zugänglichkeit der Küste und der nötigen Voraussetzungen die Kitesurfer benötigen, kommen nur wenige Flächen an der Küste für die Ausübung des Sports in Frage. Hinzu kommt, dass gewisse Mindest-Windgeschwindigkeit und die richtige Windrichtung nötig sind, um den Sport überhaupt ausüben zu können. Kitesurfen ist somit nicht jederzeit und nicht jederorts möglich.

Bereits im Juni 2015 hat das international agierende Wissenschaftsinstitut COWI für den dänischen Nationalpark Wattenmeer die Störwirkung unterschiedlicher menschlicher Freizeitaktivitäten untersucht und veröffentlicht. Kitesurfen hat damals bereits im Ranking den vorletzten Platz belegt.

In den vergangenen Jahren hat das renommierte Wissenschaftsinstitut weiter an dem Thema gearbeitet da speziell Kitesurfen international ins Visier der Vogelschützer geraten ist und hat nach langer und intensiver Recherche Ende 2017 eine Studie zum Thema Kitesurfen und Vögel veröffentlicht. (Kitesurfing and Birds – A Review; Cowi 11/2017)

Hinzu kommt, dass ca. 5% der Küste und nur ein auflandiger Wind ab einer Windstärke von 8 Knoten (ca. 15 km/h) zum Kitesurfen geeignet sind. Weiter nimmt die Anzahl der Kitesurfer zwischen Herbst und Frühjahr stark ab und reduziert sich so auf 10-20%, verglichen mit der Anzahl im Sommer. Analog dazu reduziert sich auch eine mögliche Störwirkung deutlich.

In der COWI Studie wird aufgezeigt, dass die Literatur, welche sich mit den Auswirkungen des Kitesurfens auf Vögel beschäftigt, diesem Umstand keinerlei Rechnung trägt. Hinzu kommt, dass Kitesurfen nicht mit anderen Freizeitaktivitäten, die an gleicher Stelle stattfinden in Relation gesetzt wird.

Diese anderen Freizeitaktivitäten erstrecken sich jedoch für gewöhnlich über deutlich größere Gebiete und haben zudem in den Gebieten, in denen gekitet wird auch noch eine zahlenmäßig sehr große Störwirkung. Hierbei handelt es sich in der Regel um Spaziergänger mit und ohne Hund.

Des weiteren wird in allen Studien, zum Thema mögliche Störwirkung des Kitesurfens, kein Bezug zu natürlichen Störungen durch Fressfeinde oder Jagd-Aktivitäten hergestellt.

Auf Basis der durch die von COWI betrachteten Studien ist es nicht möglich, das Kitesurfen als eine relevante Störquelle für Vögel zu erkennen. Ebenso konnte aus keiner dieser Studien abgeleitet werden, dass Kitesegel von den Vögeln als Raubvögel wahrgenommen werden.

In diesem Zusammenhang gibt es bereits Studien die beweisen, dass viele Vögel Freund und Feind nicht anhand eines Wurfschattens definieren, sondern anhand von Mustern im Gefieder die nur im UV-Spektrum sichtbar sind. Unabhängig von dieser Erkenntnis hat man 2003 bereits ein Gutachten zum Einfluss von Paraglidern[2] auf das Vogelleben untersucht und festgestellt das die Schirme von den Vögeln komplett ignoriert werden.

Störwirkungen beschränken sich meistens auf den Bereich der Start und Landezone, welche primär touristisch erschlossen und an touristische Infrastruktur wie Wege und Parkplätze geknüpft sind.

Auf dem offenen Wasser hingegen sind bei stärkeren Winden (also dann wenn gekitesurft wird, Anm. d. Red.) grundsätzlich deutlich weniger Vögel anzutreffen, speziell die sensiblen Arten, die es zu schützen gilt. Somit ist das Störpotential, wenn überhaupt gegeben, sehr gering. Mit steigender Windstärke suchen die meisten Vögel Schutz in windgeschützten Bereichen an Land.

Aufgrund der benötigten Wassertiefe von mindestens 1,0m ist es für Kitesurfer außerdem nicht möglich, in den sogenannten Flachwasserzonen, in den Vögel oft Nahrung suchen, ihren Sport auszuüben, da die Verletzungsgefahr viel zu hoch ist. Auch dieses wird oft als Störfaktor erwähnt, diese Störwirkung betrifft jedoch eher Kajak und Kanufahrer die sich in windstillen Wasserzonen bewegen können, was auf Kitesurfer nicht zutrifft.

COWI fasst dabei zusammen, dass die meisten Studien, die sich mit der Möglichkeit einer Störwirkung des Kitesurfens befassen, einige systematische Schwächen aufzeigen. So wird meistens ein einfacher vorher und nachher Vergleich angestellt und aufgeführt, dass vor dem Kitesurfen mehr Vögel da waren als zu dem Zeitpunkt als Kitesurfer auf dem Wasser waren. Hierbei wird jedoch nicht in Betracht gezogen, dass die Vögel aufgrund der Wetterbedingungen (Wind und Seegang) Schutz in ruhigeren Bereich(en) gesucht haben und nicht aufgrund des Kitesurfens.

Das bedeutet im Klartext: wenn ein Vogelschützer bei Windstille in der Bucht X ganz viele Vögel registriert und bei starken auflandigen Winden in derselben Bucht X keine Vögel sieht, sondern viele Kitesurfer, dann waren es nicht die Kitesurfer, welche die Vögel verscheucht haben, sondern die Vögel sind ganz freiwillig schon vorher in windstillere Bereiche gewechselt. Im Winter schützen sie sich so vor Auskühlung und generell finden sie in windstillen Bereichen leichter Nahrung.

Im Umkehrschluss bedeutet das auch: Selbst wenn in der Bucht X bei starken auflandigen Winden keine Kitesurfer zu sehen sind, sind hier keine Vögel anwesend.

Diese Tatsache haben bisherige Gutachten und Publikationen bewusst ausgeblendet, um so dem Kitesurfen eine Störwirkung andichten zu können.

Die aus der systematischen Schwäche gezogenen Erkenntnisse, dass die Vögel nur aufgrund der Kitesurfer nicht mehr da sein, halten laut COWI einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Alle betrachteten Studien beziehen sich auf kurzfristige Störwirkungen, Langzeitauswirkungen werden jedoch nicht betrachtet.

Die COWI Studie stellt heraus, dass bei der Betrachtung von naturräumlichen Nutzungen durch den Menschen, die in Konkurrenz zu Naturschutzzielen stehen, immer alle Faktoren und Nutzungen an der in Augenschein genommenen Stelle einbezogen werden müssen. Nur dann ist eine objektive Auswertung und damit ein folgerichtiger Rückschluss von Störwirkungen möglich. Diese sind immer artenspezifisch und von den jeweiligen Örtlichkeiten abhängig. Die sich daraus ableitenden Maßnahmen zum Schutz der Natur beziehen sich dann auf alle Freizeitaktivitäten.

Die COWI Studie kommt zu dem Schluss, dass ein Kitesurfverbot bei gleichzeitig uneingeschränkter Nutzung der mit einem Kiteverbot belegten Gebiete durch andere Freizeitaktivitäten nicht geeignet ist die Schutzziele für Naturschutzgebiete zu erreichen.

Es ist absolut bedeutungslos wenn man von z.B. 20 Störfaktoren einen entfernt und dazu noch einen mit wenig Störpotential wie im Fall Kitesurfen.

Text im Original entnommen von: 2018.02.27 – LILAL – Zusammenfassung COWI Gutachten.docx

Weitere Quellen für Gutachten zum Thema: Gutachten | Love it like a local

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