Kurzes Fazit nach zwei Informationsveranstaltungen in Heiligenhafen und auf Fehmarn

Der Konsultationsprozess zum Nationalpark Ostsee wirft bei allen Beteiligten viele Fragen auf.

Dass dies in der Natur der Sache dieser für Viele neuen Art der Bürgerbeteiligung liegt und noch keine Antworten präsentiert werden KÖNNEN, müssen wir noch lernen. Es ist nicht einfach, dies zu akzeptieren, doch sind wir gezwungen, uns darauf einzulassen und den Weg mit zu gehen.

Konsultation

Substantiv

Worttrennung:Kon·sul·ta·ti·on, Plural: Kon·sul·ta·ti·o·nen

Bedeutungen:[1] gemeinsame Beratung

Herkunft:von lateinisch: consultatio → la = „Beratschlagung“ im 16. Jahrhundert entlehnt; vergleiche konsultieren[1]

Beispiele:[1] Herr Kollege, darf ich Sie zu einer Konsultation bitten?

Wiktionary

Genau deshalb finden nun bald ab Mitte Mai 2023 die Workshops mit den verschiedenen Kerngruppen statt, um mögliche Antworten auf viele Fragen bzw weitere richtige und wichtige Fragen zu finden.

Was sind die Fragen, die uns am meisten beschäftigen?

  • Was kann ein Nationalpark mehr an Schutz bieten, das aktuell nicht bereits durch bestehende Naturschutz-, FFH- und Natura2000-Gebiete abgedeckt ist?
  • Nach Pareto erreicht man mit 20% des Aufwands rund 80% des Ergebnisses. Ist der Nationalpark mit 1600 km2 der richtige 20%-Hebel, um 80% der Probleme der Ostsee in unserem Einflussbereich anzugreifen? Oder befinden wir uns schon bei im Bereich des 80% Aufwand, um die restlichen 20% noch zu erreichen?
  • Gibt es nicht viel wichtigere Themen, die zuerst mit Hochdruck bearbeitet werden müssen, wie zB die Munitionsaltlasten?
  • Werden Häfen noch ausgebaggert werden dürfen?
  • Werden wir noch in der Lage sein, unsere Küstenstreifen und Strände weiterhin touristisch zu nutzen? Können unsere Kinder und unsere Gäste noch an den Strand gehen und baden?
  • In welchem Maße wird der Wassersport, also Segeln, Kitesurfen, Surfen, SUPen, Wingfoilen eingeschränkt werden?
  • Ist es wirklich notwendig, ein Nationalparkamt mit vielen Mitarbeiter:innen einzurichten, die sich um die Abarbeitung der Anträge für Änderungsmaßnahmen im Nationalpark kümmern? Stichwort NP Wattenmeer mit 90 Mitarbeitenden, die nicht aktiven Naturschutz betreiben, sondern Verwalter der eigenen Behörde sind.
  • Die aktuelle Terminierung für einen solchen umfangreichen Prozess stellt sich als sehr ambitioniert zur Realisierung dar. Am 15. Mai sind Kommunalwahlen und zusätzlich sind viele Verwaltungen und Gremien mit großen Projekten wie zB der Festen-Fehmarnbelt- bzw Sund-Querung beschäftigt und können selbst diese kaum bewältigen. Wie können wir die Stakeholdergruppen in die Lage versetzen, in angemessener Zeit bessere Ergebnisse während der Workshops und des anschliessendes Verzahnungsprozesses zu erzielen? Lässt sich der Prozess verlängern?
  • Touristische Nutzung findet im Einflussbereich bereits statt und ein zu regulierender Übertourismus ist schon in vielen Kommunen ein inzwischen politisches Thema. Insofern lassen die wenigsten Betroffenen das Argument einer besseren touristischen Wahrnehmung und noch mehr Gästen gelten.
  • Annahme: die Küstenfischerei wird nach einer Einrichtung mit deutlich mehr Einschränkungen rechnen müssen. Bedeutet dies das aus der Fischerei an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküsten? Hochseefischerei gibt es bereits heute schon so gut wie gar nicht mehr. Wird nun auch noch die Küstenfischerei abgesägt?
  • Wie werden sich die Stakeholdergruppen für die Workshops ab dem 10. Mai zusammensetzen? Wie gehen wir sicher, dass unsere Meinung gehört wird und unsere Belange Berücksichtigung finden?
  • Welche Folgen kann ein Nationalpark für die Landwirtschaft haben? Werden alle Bemühungen und Maßnahmen zur Verbesserung der Eutrophierungssituation nicht anerkannt?
  • Wären wir überhaupt in der Lage, mit unserem verhältnismäßig kleinen Beitrag mit  ~1.600 km2 Fläche im Vergleich zur Gesamtgröße der Ostsee mit 420.000 km2 eine spürbaren Verbesserung herbeizuführen? Was machen die anderen Ostsee-Anrainer?
  • Die Wirksamkeit der staatlich verordneten Naturschutzprogramme wird von erfahrenen Beteiligten als weniger hoch eingeschätzt, als allgemein wahrgenommen. Sind privat initiierte Naturschutzprogramme nicht viel wirksamer, weil die intrinsische Motivation zu mehr aktiv durchgeführtem Naturschutz führt? zB. Haff und Huk – Wir betreuen das Naturschutzgebiet Nördliche Seeniederung Fehmarn
  • Sind Investitionen in Immobilien und Businesspläne, die auf eine Nutzung der touristischen und wassersportlichen Infrastruktur setzen, sicher oder bereits in Gefahr?
  • Falls sie noch weitere Fragen haben, die nicht durch diese weitestgehend abgedeckt sind (oder in Nuancen anders formuliert sind), hinterlassen Sie bitte am Ende dieses Artikels einen Kommentar.

Facts

  • Wasserstrassen sind Sache des Bundes. Hier kann und darf das Land keine Entscheidungen treffen – aber Empfehlungen aussprechen und der Bund darf Bundesgesetze anwenden.
  • Die Lübecker Bucht wird in diesem Schritt voraussichtlich nicht Teil des Nationalparks sein, weil dort zu wenig bestehende zusammenhängende Schutzzonen vorhanden sind, auf die der Nationalpark aufsetzen kann. Die Darstellung in den Medien „es handle sich um eine hochgenutzte touristische Region und deswegen ist es rausgenommen“ ist schlichtweg falsch.
  • Die aktuelle Darstellung der Potenzialkulisse ist die Diskussionsgrundlage, nix ist beschlossen. Bereiche können sich ändern.
  • Nachdem das MEKUN alle Argumente gesammelt, zusammengefasst und ausgewertet hat, wird dies dem Kabinett in Kiel vorgelegt mit der Bitte um den Auftrag zur Entwicklung eines Gesetzes – FALLS der Konsultationsprozess zum Ergebnis hat, dass ein Nationalpark Ostsee sinnvoll ist. DANN erst wird das Gesetz formuliert und muss dem Landtag vorgelegt werden. Stimmt die Mehrheit der Mitglieder des Landtages FÜR das Gesetz, gibt es einen Nationalpark Ostsee. Stimmt die Mehrheit dagegen, kommt er in dieser Form nicht.

Fazit

Dieses ist die Essenz aus nur zwei Veranstaltungen am 13. April in Heiligenhafen und am 14. April in Petersdorf/Fehmarn und das Informationsbedürfnis in der Bevölkerung ist riesig! Ich würde mir wünschen, dass wir dem Prozess nun Raum geben und sich entwickeln lassen, wie er vom Ministerium zunächst erstmal geplant ist. Die Workshopgruppen mit 50 Personen pro Gruppe müssen Ihre Arbeit aufnehmen, sodaß es konstruktiv vorangehen kann. Dazu müssen nun vorher die richtigen Teilnehmer:innen vom Ministerium identifiziert und ausgewählt werden. Bisher ist dieser Prozesschritt noch nicht transparent kommuniziert. Ich bin sicher, dass bald Licht ins Dunkel gebracht wird.

Abschliessend möchte ich noch sagen, dass wir Menschen dazu neigen, uns aufgrund fehlender Informationen in Spekulationen hinein zu steigern und dadurch Ängste bei sich selbst und anderen aufzubauen. Nur ein Bruchteil der Mitglieder in den betroffenen Gruppen ist überhaupt in der Lage, diesem sehr komplexen Thema mit Fachwissen zu begegnen, was dazu führt, dass das sogenannte „gefährliche Halbwissen“ die Runde macht und Ängste durch hohe Emotionalisierung noch weiter geschürt werden. Das sollte vermieden werden, denn zum jetzigen Zeitpunkt ist noch gar nix beschlossen, geschweige denn irgendetwas festgelegt. Es sind alles Variablen, über die gesprochen wird. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Empörung gepaart mit Halbwissen ein schlechter Berater für gute Entscheidungen ist.

Als Empfehlung möchte ich noch auf den Weg geben, sich einmal die interaktive Karte des Helcom anzuschauen, in der man sich verschiedene Layer über die Karte legen kann. zB alle Natura2000-Gebiete oder Munitionsaltlasten oder Plastikvorkommen an Stränden. Das hilft, unseren Bereich der Ostsee einmal in den Gesamtkontext Ostsee zu setzen:

4 Kommentare

  1. Hallo Patrick!
    Im Grunde kann man noch keine exakten Aussagen treffen, denn es sind ja noch keinerlei Beschlüsse gefasst. Das Projekt Nationalpark dient selbstverständlich dem Naturschutz, da machen wir uns nix vor. Dort, wo jetzt Einschränkungen sind, kann man damit rechnen, dass diese mindesten gleich bleiben, wenn nicht sogar verschärft werden. Dennoch lassen sich noch keine Vorhersagen zum Ausgang der Beratungsgespräche und die darin formulierten Empfehlungen treffen.

  2. Moin Jochen,
    herzlichen Dank, dass ihr Euch der Sache annehmt. Fehmarn ist als Windsurfer und Kiter (Core) quasi meine zweite Heimat. Ich finde es bedauerlich, dass alsbald die Insel geteilt wird, wenn in Puttgarden der Tunnel anlandet und über Fehmarn mit dem Festland verbunden werden „muß“.
    Leider wird meines Erachtens mehr und mehr versucht, Natur“schutz“ zu lasten kleiner Randgruppen voran zu treiben. Das erste mal habe ich dies am Steinhuder Meer erlebt, als dieses im Winterhalbjahr für Wassersportler gesperrt wurde. In dieser Zeit gehen Surfer nur aufs Wasser wenn es stürmt und da findest du keinen Vogel auf dem Wasser, die halten sich alle in den Schilfzonen auf…
    Aber das nur am Rande.
    Ich hoffe, es wird gelingen hier im Sinne des Naturschutzes und des für einige Regionen lebenswichtigen Tourismus Lösungen zu finden.
    Grüße von der Pader
    Didi

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