Breite Einigkeit in der Kritik – aber konstruktiv
Die eingereichten Stellungnahmen – von Sportverbänden, Hafenbetreibern, Unternehmen, Kommunen und Wassersportvereinen – zeigen ein bemerkenswert einheitliches Bild:
Die meisten Akteure begrüßen den Grundgedanken des Ostseeschutzes, sehen in den aktuellen Entwürfen der NSG-Verordnungen jedoch gravierende inhaltliche und methodische Schwächen.
Zentral ist die gemeinsame Forderung:
Schutz ja – aber mit Augenmaß, wissenschaftlicher Grundlage und unter Beteiligung der Betroffenen vor Ort.
1. Kritik an der Ausgestaltung und fehlender Beteiligung
Mehrere Stellungnahmen, darunter von der Stadt Fehmarn, dem Wassertourismus in Schleswig-Holstein e.V. (WiSH) und der Hafen Orth GmbH, weisen darauf hin, dass die betroffenen Gemeinden und Akteure nicht formal beteiligt, sondern erst durch die öffentliche Auslegung informiert wurden.
Zudem wird kritisiert, dass Abgrenzung und Begründung der Schutzgebiete teils unklar und fachlich nicht nachvollziehbar seien – insbesondere im Hinblick auf den geringen Abstand zur Küstenlinie, der an einigen Stellen nur wenige Meter beträgt.
Die Stadt Fehmarn fordert einen Mindestabstand von 200 Metern zur Küste und eine transparente Herleitung der Gebietsgrenzen.
2. Wirtschaftliche und infrastrukturelle Folgen
Nahezu alle Stellungnahmen betonen die wirtschaftliche Abhängigkeit Fehmarns vom maritimen Tourismus.
Etwa 80 % der regionalen Wertschöpfung hängen direkt oder indirekt mit Wassersport, Häfen und Tourismus zusammen.
Ein großflächiges Befahrensverbot – insbesondere während der Saisonmonate April, September und Oktober – würde laut den Hafenbetreibern Orth und Lemkenhafen „existenziell bedrohlich“ wirken.
Auch der Wassertourismusverband WiSH warnt:
Eine auf drei Monate beschränkte Nutzung der Küstengewässer wäre „wirtschaftlich nicht durchführbar“.
Er und die CORE Kiteboarding GmbH fordern daher verlässliche Regelzeiträume, die höchstens von November bis März gelten, sowie ganzjährig befahrbare Korridore entlang der Westküste.
3. Wissenschaftlich fragwürdige Begründungen
Der Kitesurf Club Deutschland e.V. widerlegt die im Gutachten unterstellte „intensive Nutzung“ der Westküste im Winterhalbjahr durch Auswertung von Wind- und Wetterdaten.
Er weist nach, dass in den Monaten Januar bis März nur an sieben Tagen tatsächlich Bedingungen für Kitesurfen oder Windsurfen bestanden.
Die Annahme einer dauerhaften Störung der Vogelwelt durch Wassersport sei damit statistisch nicht haltbar.
4. Fehlende Zonierung und mangelnde Differenzierung
Fast alle Eingaben kritisieren den pauschalen Charakter der Verbote in der Entwurfsverordnung.
Die Stadt Fehmarn, der Landessportverband, WiSH und der Kiteclub Deutschland fordern stattdessen eine klare Zonierung, also eine räumlich und saisonal differenzierte Regelung, die Wassersport, Fischerei, Ankern und Tourismus integriert, statt sie auszuschließen.
„Nachhaltige Nutzung darf nicht von vornherein ausgeschlossen werden, sondern muss Teil der Schutzstrategie sein“, heißt es in der Stellungnahme der Stadt Fehmarn.
5. Seegras- und Bodenschutz: Mooringbojen statt Ankerverbote
Mehrere Akteure, darunter Hafen Orth, Wassersport Fehmarn e.V. und CORE Kiteboarding, schlagen die Einrichtung von Mooringfeldern als umweltschonende Alternative zu generellen Ankerverboten vor.
Solche Bojenfelder sind international bewährte Instrumente, um Seegraswiesen zu schützen, ohne nautische Sicherheit und Wassersport auszuschließen.
Das MEKUN hatte diesen Vorschlag bislang abgelehnt – was von nahezu allen Beteiligten scharf kritisiert wird.
6. Erweiterungszonen und „schleichende Ausweitung“
Mehrere Stellungnahmen (u. a. von Hafen Orth, Mathias Krause, Kiteclub Deutschland und WiSH) warnen vor der im Gutachten mehrfach erwähnten Möglichkeit sogenannter „Erweiterungszonen“.
Diese könnten künftig zu weiteren Nutzungseinschränkungen führen – ein Szenario, das vor Ort als massive Planungsunsicherheit empfunden wird.
7. Freizeitfischerei und lokale Nutzung
Der WiSH e.V. spricht sich ausdrücklich gegen ein vollständiges Verbot der Freizeitfischerei aus.
Sie sei emissionsarm, standortgebunden und sozial bedeutsam, verursache keine strukturellen Schäden und könne problemlos mit den Schutzzielen vereinbart werden.
Gefordert wird eine differenzierte Regelung (z. B. saisonale Einschränkungen, Catch-and-Release, Registrierungspflicht) statt pauschaler Verbote.
8. Lokales Management statt zentraler Steuerung
Mehrere Akteure fordern den Aufbau eines Gebietsmanagements direkt auf Fehmarn, um die Umsetzung der Schutzmaßnahmen praxisnah und lokal verankert zu gestalten.
Die Stadt Fehmarn regt an, neue Stellen für den Naturschutzvollzug auf der Insel selbst zu schaffen.
Zudem sollen kommunale, touristische und sportliche Vertreter in gebietsbezogenen Arbeitsgruppen mitwirken – ein Vorschlag, der in mehreren Stellungnahmen wiederkehrt.
Fazit
Die Resonanz auf die geplanten NSG-Ausweisungen ist eindeutig:
Es herrscht große Einigkeit in der Zielrichtung – aber erheblicher Dissens über den Weg dorthin.
Die Akteure fordern ein verbindliches, faires und praxistaugliches Konzept, das ökologische Ziele mit wirtschaftlicher Realität und sozialer Akzeptanz verbindet.
Ostseeschutz gelingt nur, wenn er gemeinsam mit denen gestaltet wird, die an der Küste leben und wirtschaften.

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